Partizipativ Gestalten

Dokumentation von Carla Matthes, Ivo Herrmann, Marie Claire Leidinger, Matthias Phong Cao – Sommersemester 2013

Participatory Postings

Zur Einstimmung in den Kurs bekamen wir die Aufgabe Aushänge mit partizipativen Elementen zu entwerfen. Diese sollten mit einfachen Mitteln umgesetzt werden.

Wir haben uns entschieden A3 Plakate mit unkomplizierten Aufforderungen zu gestalten. Um so viel Reaktionen wie möglich zu bekommen, sollten die Aufforderungen innerhalb weniger Sekunden umsetztbar sein. Weitere Hilfen in Form von Gestaltungswerkzeugen (Stift und Farbe) an den Plakaten sollten die Umsetzung zusätzlich vereinfachen.

Platziert wurden die Plakate in einem U-Bahn Tunnel/Durchgang in Berlin Hellersdorf (U-Bhf Cottbusser Platz). Weil der Tunnel von allen ankommenden und abfahrenden Nutzern der U-Bahn durchquert werden muss, war die Chance auf Reaktionen groß.

U-Bahnhof Tunnel Cottbusser Platz in Hellerdorf
U-Bahnhof Tunnel Cottbusser Platz in Hellerdorf

Um potentiellen Teilnehmern etwas Angst zu nehmen, haben wir die Aufforderung jeweils einmal selbst durchgeführt. So musste niemand der/die Erste sein. Außerdem wurde so nochmals klar gestellt, was mit den Plakaten zu machen ist.

Die Plakate aufgehangen im Tunnel

Ergebnisse

Die Ergebnisse kamen über Nacht. Bereits am nächsten Tag war das Tag Me Plakat bemalt mit Graffiti Tags. Das Kick Me Plakat war offensichtlich mehrmals getreten worden und auch mit Graffiti Tags versehen. Einzig das High Five Me Plakat blieb im Ausgangsstatus. Rückblickend ist die Aufforderung, sich die Hand mit Farbe voll zu schmieren und an eine Wand zu schlagen vielleicht doch etwas übertrieben. Stift und Farbe wurden jeweils entfernt.

Ergebnisse der Plakate Tag Me und Ninja Kick Me nach einer Nacht

Bilder des gesamten Prozesses

Fazit

Der schnelle Versuch und die daraus entstandenen Ergebnisse haben gezeigt, dass Menschen bereit sind aktiv an Gestaltungsprozessen teilzunehmen. Die Auswahl eines geeigneten Ortes und die einfache Möglichkeit mitzumachen spielen dabei eine entscheidene Rolle.

Prjektteilnehmer: Ivo Herrmann, Marie Claire Leidinger, Matthias Phong Cao

Sämaschine

Für unser zweites Projekt haben wir entschieden, als Grundlage mit Input von vielen Teilnehmern zu arbeiten. Weil die meisten Menschen bereit sind eine Leistung für eine Gegenleistung zu tätigen, überlegten wir welche Belohnung von potentiellen Teilnehmern aktzeptiert wird. Da die Bereitschaft besteht, durch Bepflanzung den urbanen Kontext grüner zu machen, wollten wir jedem Teilnehmer zum Dank etwas zum ansäen geben.

Dabei ist die Sämaschine entstanden, der ein simples Prinzip zugrunde liegt: Zeichne eine Blume und bekomme dafür ein Säckchen Saatgut. Durch die Zeichnung und den darauf folgenden Erhalt der Samen ensteht zudem eine Gestaltung im doppelten Sinn. Wir erhalten ein gezeichnetes Bild und irgendwo werden Pflanzen gesät und gestalten so die jeweilige Umgebung.

Die Sämaschine in Benutzung
Die Sämaschine in Benutzung

Strategie und Umsetzung

Eine, an einen Zigarettenautomaten anmutende, große Pappschachtel wird bemalt und mit Stiften, Papier, einem Briefschlitz für die Zeichnungen, einer kurzen Anleitung, einer E-Mail-Adresse (für die Möglichkeit Feedback zu geben und ggf. Fotos von Pflanzen zu senden) und der Gegenleistung – dem Saattütchen ausgestattet.

Detailansichten der Sämaschine

Die Sämaschine sollte an einem öffentlichen Ort aufgehängt werden, an dem sich viele Menschen aufhalten. Wir haben uns für die Hufelandstraße in Berlin Prenzlauer Berg entschieden, weil dort große Bereitschaft für solche Aktionen und die Bepflanzung des urbanen Raumes besteht.

Befestigung der Saattütchen
Befestigung der Saattütchen

Beobachtung der Teilnehmer

Durch die Anbringung auf offener Straße, erlangte die Sämaschine nach nur kurzer Zeit große Aufmerksamkeit und weckte Neugierde bei den Passanten, die sie sofort ausprobieren wollten.

Die Sämaschine interessiert
Die Sämaschine interessiert

Es fielen Kommentare wie:
„Es ist sofort aufgefallen.“
„Das ist aber eine schöne Idee.“
„Welche Samen sind das?“
„Wo steht der Automat sonst noch?“

Wir waren überrascht über die sofortige Nutzung und die positive Resonanz, durch die die Sämaschine bereits nach kurzer Zeit aufgebraucht war. Noch vor Ort haben wir beschlossen neue Saattüttchen zu befüllen und die Sämaschine erneut zu bestücken. Um zu testen, ob der Betrieb auch ohne Aufsicht funktioniert, wurde die Maschine darauf hin unbeaufsichtigt über Nacht hängen gelassen.

Die leere Sämaschine wurde erneut aufgefüllt

Ergebnisse

Die erhaltenen Ergebnisse waren vielfältig und zahlreich. Was auffällt ist die Liebe zum Detail in den Zeichnungen. Uns hat die Vielzahl an Resultaten sehr überrascht und erfreut. Anhand der Malereien ist zu erkennen, dass die Benutzer der Sämaschine so verschieden wie die Zeichnungen sind. So sind von Kinderzeichnungen mit herzlichen Grüßen bis zu kleinen Pflanzenstudien alles dabei.

Zeichnungen aus der Sämaschine

Fazit

Die Sämaschine war ein voller Erfolg. Die Teilnehmerzahl war größer als erwartet und hat uns stark überrascht. Erklären können wir uns das mit der Einfachheit der Teilnahme und der Gegenleistung – dem Saattütchen. Es gab kein negatives Feedback oder Missbrauch der Maschine. Selbst im unbeobachten Zustand wurde fleißig gemalt und nichts zerstört oder abgrissen.

Das einzige Problem, das wir hatten, war der Verlust einer Kamera und die damit verlorenen Bilder und Videos von einem ganzen Tag Arbeit. Jedoch konnten wir die gesamte Aktion mit gleichem Erfolg einen Tag später wiederholen.

Prjektteilnehmer: Carla Matthes, Ivo Herrmann, Marie Claire Leidinger, Matthias Phong Cao

Graffiti Walls Berlin

Viele Graffiti Künstler haben das Verlangen an neuen Orten zu sprühen, aber niemand kennt alle Orte in Berlin an denen das (legal) möglich ist. Da die nötigen Informationen nirgendwo einsehbar sind, geht die Entdeckung neuer Orte oft unter. Dadurch bleibt jeder in seinem Bezirk und es findet wenig Austausch statt.

Graffiti Walls in Berlin soll Orte zeigen an denen das Sprühen und der Austausch durch ruhige/legale Atmosphäre problemlos möglich ist. Zudem soll es eine Möglichkeit geben aktiv in die Gestaltung einzugreifen und Orte hinzuzufügen.

Screenshots der Website Desktop- und Mobile-View
Screenshots der Website Desktop- und Mobile-View

Strategie und Umsetzung

Als Plattform für den Austausch soll eine Onepage-Website mit einer Karte und den bereits eingezeichneten Orten dienen. Die Erkundung neuer Spots steht dabei im Vordergrund. Ein Formular auf der Seite soll das aktive Mitgestalten der Website durch das Hinzfügen neuer Orte ermöglichen. Somit sollen die Daten durch die Community erfasst werden (Crowdsourcing).

Die Website soll auch auf mobilen Geräten gut funktionieren, damit Orte auch von unterwegs problemlos gesendet werden können. Dadurch soll die Bereitschaft zum Mitgestalten nochmals gesteigert werden. Die gesendeten Orte werden vor der Veröffentlichung geprüft, um sicher zu stellen, dass der jeweilige Ort auch wirklich zum legalen Sprühen zugelassen ist.

Plakat an einem bekannten Graffiti-Spot
Plakat an einem bekannten Graffiti-Spot

Um auf die Website aufmerksam zu machen, sollen Plakate mit Hinweisen auf das Projekt an bekannten Szene-Orten aufgehangen werden. Durch die Sammlung neuer Orte können die Plakate stetig erweitert werden. Außerdem wird in sozialen Netzwerken (Facebook, Google+, Twitter) auf die Website aufmerksam gemacht.

Weitere Plakate an bekannten Graffiti-Spots

Erwartete Probleme

Das größte Problem stellte die Akzeptanz der Graffiti Szene dar. Als Sprüher lebt man unentdeckt und gibt ungern Daten über seine Leidenschaft frei. Aus diesem Grund haben wir Sprüher am Mauerpark mit folgenden fragen interviewed:

Was hältst du von einer Karte mit legalen Walls in Berlin?

„JA! Fänd ich super.“
„Ich weiß wo welche sind werde sie euch aber nicht verraten.“
„Wäre hilfreich, würde ich mir angucken.“

Würdest du die Karte mit weiteren Orten erweitern?

„Hm… vielleicht.“
„ … “
„Wie denn?“ „Durch ein Formular auf der Seite.“ „Ja, klar.“

Die Interviews liefen besser als erwartet. Die Akzeptanz schien vorhanden zu sein und zum Teil kam auch die Frage auf, warum es so etwas noch nicht gibt. Deswegen hat uns das Ergebnis überrascht…

Ergebnis

Am Ende des Semester hatten wir leider nur drei Orte in der Karte, von denen zwei von uns waren. Das war nicht wirklich verständlich. Nach den erfolgreichen Interviews hatten wir etwas mehr erwartet. Wir haben nochmals nachgeforscht und etwas Feedback zur Gestaltung eingeholt.

Der sterile Stil der Seite kam immer wieder in den Kritiken auf, also probierten wir die Gestaltung mehr an der Zielgruppe auszurichten. Doch das half leider auch nicht mehr Orte zu bekommen.

Screenshots der Website
Am Semesterende waren leider nur drei Spots eingegangen

Fazit

Trotz des mageren Ergebnisses haben wir aus dem Projekt einiges mitgenommen. Prtizipative Gestaltung lässt sich nicht erzwingen. Ohne genügend Aufmerksamkeit gibts es kaum Reaktionen und nicht jedes Projekt garantiert von Beginn an Erfolg. Die Recherche und Analyse waren hier vorhanden, aber für die spezielle Zielgruppe wahrscheinlich nicht ausreichend.

Wie in anderen Disziplinen heißt es auch hier: Trial and Error. Manchmal muss man also probieren, probieren, porbieren…

Prjektteilnehmer: Carla Matthes, Ivo Herrmann, Marie Claire Leidinger, Matthias Phong Cao

Klischee Berliner

Berlin ist voll von Klischees. Vor allem kiezbezogene Klischees. Man denkt selbst, zu diesem Kiez passe ich und zu jenem nicht. In dem Kiez sind Leute so, in dem anderen so. Das wollten wir erforschen und uns mit Stereotypen, Fremd- und Eigenbildern auseinandersetzen.

Ziel war es Klischees in Bildern festzuhalten, gemalte Klischeegeschichten sozusagen.

Strategie und Umsetzung

In unserer Wahl der Mittel wollten wir den analogen Zeichnungen treu bleiben. Dazu legten wir beschriftete Pappboards an und beklebten diese mit Papiervorlagen zum bemalen.

Vorbereitung der Pappboards
Vorbereitung der Pappboards

Ausgestattet mit Stiften, war unser erster Standort der Park, in dem wir auch unsere Ortsbeobachtungen durchgeführt hatten. Jedoch erwies sich das als keine so gute Idee, da nur schleppend Resultate erschienen und diese weniger unseren Vorstellungen entsprachen.

Installiertes Pappboard
Installiertes Pappboard in dem Park unserer Ortsbeobachtung (Volkspark Friedrichshain)

Anders verhielt es sich beim nächsten Standort. Nach ein paar kleinen optischen Besserungen und Hinzugabe von kleinen Features (wie kleinen Kleidungstücken) ging es nach Friedrichshain zur Warschauer Straße, an der großes Getümmel wegen dem Fête de la Musique herrschte. Das schöne Wetter, die gute Laune als auch die Vielzahl der Passanten führten zu einer regen Interaktion mit unserem Board. Dieses erhielt in einem kurzen Zeitraum sehr viel Anklang.

Teilnehmer an der Warschauer Straße

Für die Sammlung weiterer Ergebnisse führten wir das Ganze an weiteren Standorten aus, darunter der Hackesche Markt und weitere Hotspots in Berlin Mitte.

ivocamama on Tour
ivocamama on Tour

Ergebnisse

Die gesammelten Ergebnisse waren vielfältig und unterhaltsam.

Auswahl von Klischee Berliner Bildern der Teilnehmer

Verabeitung der Ergebnisse

Auf der Plattform Tumblr haben wir den kleinen Kunstwerken einen Platz geschaffen.

Screenshot des Blogs mit den Bildern der Teilnehmer
Screenshot des Blogs mit den Bildern der Teilnehmer

Außerdem haben wir mit den gesammelten Daten aus dem Bilder-Pool eine Infografik in Form eines Fließschema-Quizzes, dessen Aufgabe es ist, dem Teilnehmer anhand von übereinstimemnden Attributen das Berliner Viertel seines Herzens zu verraten.

Infografik in Fließschema-Quiz-Form
Infografik in Fließschema-Quiz-Form

Fazit

Nach einigen Anlaufschwierigkeiten hat die Partizipation bei diesem Projekt gut funktioniert. Wir haben einige Mechanismen vereinfacht und den Ort gewechselt, dadurch kamen eindeutig mehr Teilnehmer hinzu. So haben wir wieder gelernt, dass das passende Publikum an einem gut belebten Ort eine wichtige Rolle spielt.

Prjektteilnehmer: Carla Matthes, Ivo Herrmann, Marie Claire Leidinger, Matthias Phong Cao

Mitnehmen & bemalen

Für meine Ortsbeobachtung hatte ich mir, den Tunnel am U-Bahnhof Cottbusser Platz, von den Participatory Posting gewählt. Mir fiel auf, dass der Tunnel viel durchlaufen wird, jedoch niemand sich dort lange aufhält. Das wollte ich ändern und den Tunnel positiv zweckentfremden.

Nach einigen Überlegungen dachte ich über eine Galerie im Tunnel nach. Jedoch war mir eine Galerie, zu der Bilder nur mitgebracht werden nicht genug. Aus diesem Grund sollten Bilder für den Tunnel gemalt und wieder zurückgebracht werden.

Strategie und Umsetzung

Die Strategie war relativ einfach. Zehn Leinwände, wurden mit einer Aufforderung beklebt und anschließend in dem Tunnel aufgehangen. Die Leinwände durften nur unter einer bestimmten Voraussetzung mitgenommen werden: das enstandene Bild sollte an einem bestimmten Termin wieder zurück gebracht werden.

Vorbereitung der Leinwände

Die Aufforderung sollte schnell und einfach zu verstehen sein und so wenig wie möglich über das Projekt verraten.

Zettel für die Leinwände
Der Zettel für die Leinwände mit der Aufforderung und dem Termin

Die Montage der Leinwände wurde in zwei Schritten durchgeführt, da der Tunnel regelmäßig gereinigt wird und so die Chance größer war, dass es nicht zur Entfernung durch Reinigungspersonal kommt.

Montage der Leinwände im Tunnel

Die Leinwände wurden einfach mit Klebeband im Tunnel montiert, so konnten sie schnell und einfach mitgenommen werden.

Die ersten 5/6 Leinwände waren nach 2 Stunden bereits vergriffen

Nach zwei Stunden wurden bereits 5/6 Leinwände mitgenommen, zurück blieben nur Klebebandreste und die Hoffnung auf ein gutes Ergebnis.

Ergebnis

Das Ergebnis hat mich total überrascht. Am Ausstellungstermin kamen vier Leinwände bemalt zurück. Die Teilnehmer waren genauso aufgeregt wie ich. Alle wollten wissen wieso so etwas gemacht wird und wer dahinter steckt. Das Feedback war durchgehend positiv, alle Teilnehmer fanden die Idee sehr gut und wollten wissen, ob ich bald wieder so eine Aktion mache.

Die Bilder waren so unterschiedlich wie ihre Ersteller. Der Hamster wurde von einer einer jungen Dame gemalt. Das Landschaftsbild kam von kleinen Mädchen, die mit ihrer Mutter zum Ausstellungstermin kamen.

Die Bilder der Teilnehmer
Die Bilder der Teinehmer

Die drei Symbole wurden von einer Gruppe gemeinsam erstellt, jedes Symbol gehört zu einer Person. Das „R“ wurde von einem Mädchen aus der achten Klasse gemalt, es stellt das Logo des Energy Drinks Relentless dar.

Das letzte Bild unten rechts habe ich erstellt und zu Beginn der Austellung aufgehangen, um den Teilnehmern zu zeigen wo und wie die Bilder im Tunnel platziert werden.

Der Tunnel während der Ausstellung

Während der Ausstellung liefen viele Passanten durch den Tunnel und bemerkten die Bilder. Einige blieben kurz stehen, andere liefen einfach vorbei.

Teilnehmer neben ihren Bildern an der Tunnelwand
Alle Teilnehmer neben ihren Bildern an der Tunnelwand

Nach ca. 30 Minuten war die Ausstellung zu Ende. Wir machten noch ein gemeinsames Foto und nahmen die Bilder wieder ab. Der Hamster wurde an die dreier Gruppe verschenkt und die kleinen Mädchen gaben mir ihr Bild als Geschenk mit.

Fazit

Ein wirklich schönes Projekt. Die Teilnehmerzahl hat mich selbst überrascht. Alle hatten viel Spaß beim malen und gaben mir durchweg positives Feedback. Der Fakt, dass in unserem Bezirk Hellersdorf so etwas auch möglich ist hat mich und die Teilnehmer sehr erfreut.

Prjektteilnehmer: Ivo Herrmann